Fotografie als ewiger Begleiter

Meine erste Kamera war eine Maginon DC-320 mit ganzen 5 Megapixeln und der Möglichkeit Videos aufzunehmen - allerdings ohne Ton. Dennoch. Mit 8 Jahren eine eigene Kamera zu besitzen, war etwas ganz Besonderes und hat meine Fotografie-Reise gestartet.

Die Bilder von damals? Naja - aber egal - es sind meine Bilder. Meine Interpreation. Die Welt, wie ich sie sehe.

Und erst einmal angefangen mit der Fotografie lässt sie einen so schnell nicht wieder los. Schnell merkt man, dass man noch ein Stativ benötigt, dann vielleicht noch Filter, ein neues Objektiv, einen Fernauslöser, passende Rucksäcke, ein neues Objektiv, Halterungen, ein neues Objektiv…und so weiter. Und wenn man dann alles hat, entscheidet man sich doch für eine andere Kamera-Marke oder einen Wechsel von APS-C auf Vollformat. Jedes neue Equipment wird natürlich auch gleich ausprobiert und die Urlaube verschieben sich von “Liegen am Strand” zu “Ich muss in 7 Tagen 85 Foto-Spots ausprobieren!”.

Aber warum ist das so? Warum lässt uns (oder nur mich?) die Fotografie nicht los? Nicht dass ich mich beschweren würde - das tut schon mein Bankkonto. Ich glaube es liegt an Folgendem:

Keine zwei Fotos sind gleich

Okay - wenn ich eine Sony Alpha 9 III nehme, in den Burst-Modus mit 120 Bildern pro Sekunde und einer Belichtungszeit von 1/8000 Sekunden gehe, dann sind zwei Fotos gleich. Aber abgesehen davon ist jedes Foto unterschiedlich. Selbst wenn zwei Personen das gleiche Motiv fotografieren wird das in den meisten Fällen zwei unterschiedliche Resultate erzeugen. Wir alle sehen die Welt aus einem einzigartigen Blickwinkel, den kein anderer Mensch nacherleben kann. Kameras aber geben uns die Möglichkeit unseren Blick auf die Welt mit anderen Personen zu teilen und darüber zu diskutieren. Aber auch die Möglichkeit Blickwinkel anderer Personen nachzuvollziehen und zu entdecken was andere Menschen sehen und wir nicht. Und das fasziniert.

Auch in der Natur gleicht kein Moment dem anderen. Ein Baum in den Morgenstunden unterscheidet sich von dem gleichen Baum in der Mittagszeit oder der Abenddämmerung. Er sieht anders aus wenn der Himmel wolkenbedeckt oder wenn keine einzige Wolke in Sichtweite ist. Der gleiche Baum sieht im strömenden Regen komplett anders aus, als im Nebel. Im Frühling blüht der Baum, im Sommer grünt er, im Herbst ist er golden und im Winter kahl. Eine Vielzahl an Möglichkeiten - und ich spreche dabei immer noch vom gleichen Baum.

Die beiden untenstehenden Bilder (beide unbearbeitet) habe ich in einem Abstand von 5min. aufgenommen. Das gleiche Motiv, der gleiche Bildausschnitt - aber zwei ganz unterschiedliche Resultate, obwohl sich nur das Licht verändert hat.

Jedes Mal wenn man mit der Kamera auf Wanderschaft geht, entdeckt man entweder neue Motive oder das gleiche Motiv in einer anderen Erscheinung. Fotografie ist daher nie langweilig oder repetitiv, sondern jedes Mal aufs Neue spannend, überraschend, immersiv.

Entschleunigung

Fotografie entschleunigt. Jeder “Nicht-Fotograf”, der mit mir wandern oder spazieren war kennt das.

-“Philipp, komm. Lass weitergehen!”

-“Ja gleich, noch ein Foto hiervon, dann komme ich”

Eine Konversation in Dauerschleife.

Dabei ist der Alltag hektisch genug mit To-Do-Listen die abgearbeitet, Nachrichten die beantwortet oder Termine die wahrgenommen werden wollen. Bewusst Fotografieren bedeutet sich Zeit zu nehmen und Zeit zu lassen. Auch wenn ich mich konzentrieren muss die richtigen Einstellungen, den Bildausschnitt oder das Motiv zu wählen, empfinde ich dabei keine Hektik. Okay, zugegebenermaßen gibt es Momente, z.B. wenn das Licht kurz vor Sonnenuntergang noch einmal aufleuchtet, oder eine Lücke im Nebel ein interessantes Motiv freilegt, die von Stress und Hektik geprägt sind. Da rennt man wie ein Huhn, das sich nicht entscheiden kann wo es hinwill, durch die Landschaft. Aber im Gegensatz zu der beschriebenen Alltags-Hektik ist das ein positiver Stress. Kein Stress der entsteht, weil man in einem begrenzten Zeitraum ein bestimmtes Resultat erreichen muss.

Der Fokus auf das Hier und Jetzt macht die Fotografie, und meiner Meinung nach die Natur- und Landschaftsfotografie im Speziellen, zu einem Ausgleich, einer Form der Achtsamkeit.

Ein Hobby das mitwächst

Die Fotografie ist ein Handwerk. In jedem Handwerk wird man durch Lernen und Ausprobieren besser. Mehr Zeit die man investiert führt letztendlich zu besseren Ergebnissen, bzw. zu Ergebnissen, mit denen man zufriedener ist. Dabei ist in meiner Erfahrung aber die Praxis deutlich wichtiger als die Theorie. Auch wenn ich unzählige Stunden damit verbracht habe auf YouTube von anderen Fotografen zu lernen. Eine wirkliche Verbesserung habe ich erst durch die Anwendung gemerkt. Versteh mich nicht falsch. Ich halte es für sinnvoll Videos bzw. generell Content anderer Fotografen zu konsumieren. Immerhin sind das meist erfolgreiche Fotografen, die ihr Wissen vermitteln und neue Perspektiven öffnen können. Auch der Vergleich der eigenen Bildern mit denen erfolgreicher Fotografen kann dabei helfen zu identifizieren was besser funktioniert und gefällt. Aber es ist wichtig dieses Wissen dann auch anzuwenden, raus zu gehen, den Auslöser zu drücken und über die eigenen Aufnahmen zu reflektieren.

Die untenstehenden Bilder sind meine Lieblings-Berg-Fotos. Einmal aus dem Jahr 2009 (erstes Bild) einmal aus dem Jahr 2023 (zweites Bild).

Auch erzielt man bessere Ergebnisse mit besserem Equipment (bis zu einer gewissen Grenze zumindest). Du erinnerst Dich: Ein neues Objektiv, mehr Filter, ein neues Objektiv….und so weiter. Dennoch geht es beim Fotografieren weniger um die Technik, als um das Sehen und Erleben. Mit der Zeit verändert sich auch der Blick für Details und mögliche Motive. Man lernt den eigenen Geschmack besser kennen, entwickelt vielleicht sogar eine Vorliebe für bestimmte Kompositionstechniken oder Bearbeitungsstile.

Nimm diesen Absatz gerne als Anlass die Kamera einzupacken und Fotografieren zu gehen.

Erinnerungen fürs Leben

Frage mich, was ich letzte Woche gemacht habe und ich kann es Dir mit Sicherheit nicht auf Anhieb beantworten. Frage mich, was ich in meinem Urlaub vor 10 Jahren erlebt habe und ich kann dir chronologisch die einzelnen Stationen, Eindrücke und auch Gefühle beschreiben. Der Unterschied? Im Urlaub habe ich Fotos gemacht.

Ist das nun etwas Gutes?

Mein Arzt würde wahrscheinlich sagen: “Kommen Sie doch mal zu einem Termin bei mir vorbei”. Aber wahrscheinlich geht es Vielen nicht anders. Der Alltag ist geprägt von Routinen und Abläufen, von Bewegungen die sich in das Muscle Memory eingebrannt haben. Auch wenn uns das Struktur gibt. Erinnnernswert ist es nicht. Ich möchte dabei Routinen und Strukturen gar nicht abwerten, so ist das nicht gemeint. Vielmehr möchte ich damit ausdrücken, dass Bilder, die wir selbst gemacht haben, eine persönliche Verbindung zu diesem Moment herstellen. Ein Cheat Code, der Erinnerungen schafft. Die Fotografie ist somit auch eine Chronik persönlicher Erlebnisse, die man immer wieder aufschlagen und damit Momente erneut erleben kann.


Wird mich die Fotografie irgendwann wieder loslassen? Ich denke nicht!

Gefangen im Dreieck von ISO, Belichtungszeit und Blende wird die Fotografie mein ewiger Begleiter bleiben. Und damit bin ich glücklich.

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Effektive und schnelle Bildbearbeitung mit Lightroom